Die Gefahr tanzt in der Wüste (1)
Von Flynn Lexton
„Das ist der fünfte! Sieht aus, als würde ich diesen Monat gewinnen, mein Freund!“
Du musst nur nachts das berühmte Wüstenblumen-Tanzlokal in Vienta besuchen, um zu erleben, wie viel mehr dort los ist. Wer während der heißen Wüstentage drinnen arbeiten muss, kommt nachts raus, um sich zu amüsieren. Eines Abends fand ich mich verstohlen neben ein paar Zwergen am Tresen sitzen, die lautstark um irgendetwas wetteten, und der Besitzer lächelte mich vielsagend an und reichte mir ein Glas Wein. Ich kippte den starken Wein hinunter und erkundigte mich nach dem Grund für ihr Gelage. Zu meiner Überraschung erklärten sie mir, dass sie auf die Anzahl der Reisenden wetteten, die völlig abgezogen und mittellos aus der Wüste kamen. Der Hafen von Vienta, der direkt am Meer liegt, ist ein wunderschöner Ort, der das ganze Jahr über vom aromatischen Duft der Weintrauben erfüllt ist. Es gab einen nicht enden wollenden Strom von Reisenden, die sich selbstbewusst in die endlose Wüste vor der Stadt wagten, ohne zu wissen, wie gefährlich sie war.
„Du brauchst definitiv einen Führer! Aber manche schützen gerne Kenntnisse vor und behaupten, sie würden das alleine packen!“
Ein Zwerg, der sich als Tunin vorstellte, erklärte mir, dass er und seine Freunde als Führer arbeiteten. Ich stimmte ihm zu. Mein Freund und ich hatten Ähnliches erlebt, wenn auch unter anderen Umständen, als wir vor mehr als zehn Jahren zum ersten Mal Vienta besuchten. Die Gefahr tanzt in der Wüste (2)
Das Dorf Vienta war seinerzeit für seinen Spitzenwein bekannt, aber es stand noch unter der Herrschaft des korrupten Fürsten Fernan, was bedeutet, dass es keine Wüstenführer gab wie heute. Wir kamen mit dem Boot in Vienta an und wollten ein paar Wüstenmonster beobachten. Wir fanden das Dorf jedoch als einen unruhigen, erschreckenden Ort vor, der in direktem Gegensatz zur Atmosphäre des Wohlstands stand, die er ausstrahlte.
Stan Brixon, der damals mit mir reiste, war ein junger Kaufmann, der das Potenzial des Vienta-Weins ausloten und Geld verdienen wollte. Ich hingegen hatte mich dem wenig einträglichen Leben als Forscher verschrieben. Da es keine offiziellen Reiseführer gab, übernahmen erfahrene Kaufleute die Rolle und bildeten am Gasthof Karawanen. Damals gab es viel mehr Banditen, und jeder Händler, der es wagte aufzubrechen, ohne Söldner anzuheuern, konnte im Handumdrehen alles, einschließlich des nackten Lebens, durch Raubüberfälle verlieren. Doch uns fehlte das Geld für eine eigene Karawane und keine Händlergruppe wollte dem Oasenweg folgen, den wir nehmen wollten. Alles, was uns blieb, war, mürrisch im Gasthof zu sitzen und abzuwarten – ein harter Schlag für die Barschaft junger Männer. Schließlich kam Stan zu dem Entschluss, keinesfalls unverrichteter Dinge wieder abzuziehen. Er besuchte eine Reihe von Gasthöfen und sprach mit Reisenden wie uns, die sich keiner Karawane anschließen konnten. Am Ende hatte er eine kleine, wackere und tollkühne Gruppe um sich gesammelt, die bereit war, zur Oase zu ziehen.
Sandwürmer sind die bekanntesten Monster in Felswachts Wüste, gefolgt von den gefährlichen Kobras und Skorpionen, die versteckt im Sand lauern. Ich kannte diese Wesen gut aus Büchern, die ich gelesen hatte, auch wenn ich ihnen nie persönlich gegenübergestanden hatte. Aus diesem Grund vertrauten mir meine jungen Kaufmannsfreunde und verließen sich darauf, dass ich sie so weit wie möglich an diesen Gefahren vorbeiführen würde. Doch all mein Wissen stammte aus Büchern: Es war die perfekte Gelegenheit für unerfahrene Reisende, direkt in die Fänge des Todes zu laufen. Die Gefahr tanzt in der Wüste (3)
Was uns in der Wüste empfing, als wir des Nachts wanderten, um den harten Tagen unter glühender Sonne zu entfliehen, waren glänzender Wüstensand und wunderschöne Wüstenblumen, die im Mondschein blühten. Aus der Ferne wirkten die Wüstenblumen wie scheu eingeknickt und wir waren erstaunt, dass selbst in dieser Umgebung so nah am Dorf Blumen blühten und Pflanzen überlebten. In einem solchen Augenblick der Bewunderung wurde Stan, der neben mir lief, von einer Wüstenblume brutal gepackt, die versuchte, ihn zu verschlingen. Wir schrien schockiert auf, doch das war noch nicht das Ende. Die so schüchtern wirkende Blume entfaltete sich und enthüllte rosafarbene Blütenblätter und einen riesigen Stängel mit Tentakeln, die Stan packten und an ihm zerrten, während er sich verzweifelt wehrte! Da entdeckten wir, dass all diese prächtigen Blumen ihre Blütenblätter geöffnet hatten und mit ihren schrecklichen Tentakeln nach uns schnappten. Wir wichen aus und flohen schreiend zurück ins sichere Dorf. Währenddessen schleuderte uns eine weitere Wüstenblume mit geöffneten bunten Blütenblättern etwas Steinartiges entgegen. Ich spürte einen stechenden Schmerz und ein Brennen am Hinterkopf, aber ich sprintete zum Eingang von Vienta, ohne zurückzublicken. Die Nachtwächter stürzten los, als sie uns sahen. Die Wachen standen mit ihren Fackeln bereit, um sich der Gefahr zu stellen, die Wüstenblumen hatten jedoch ihre Tentakel bereits eingerollt und waren an ihren Ruheort zurückgekehrt.
„Um Mafrions Willen! Was für ein Desaster. Hat dein Freund es lebendig heraus geschafft?“
Tunin sah mich besorgt an. Ich schüttelte den Kopf und ein bitterer Geschmack füllte meinen Mund. Ich flehte die Wachen an, Stan oder das, was von ihm übrig war, zurückzuholen, aber sie sagten, es sei ein Fehler gewesen, die Straße zu verlassen, und dass wir froh sein sollten, dass überhaupt einer von uns heil zurückgekehrt sei. Vielleicht wäre das nicht geschehen, wenn wir schon damals den Widerstand gehabt hätten, so wie heute. Die Gefahr tanzt in der Wüste (4)
Ich verbrachte noch einige Tage in Vienta, um abreisende Karawanen anzuflehen, mich mitzunehmen, um nach Stan zu suchen. So konnte ich zu dem Ort zurückkehren, an dem wir angegriffen worden waren. Allerdings fand ich nicht einmal mehr Stans Leiche. Außer seinem Reisegepäck war nichts übrig. Es sollten Jahre vergehen, bis ich es ertragen konnte, nach Vienta zurückzukehren – den Ort, an dem mir so viel Leid widerfahren war.
Zum Glück gibt es nun Führer wie Tunin und den Widerstand, die außerhalb der Stadt patrouillieren, um unglückliche Abenteurer zu retten. Doch selbst angesichts dieser Beschützer sollten sich alle, die ein Wüstenabenteuer planen, dessen bewusst sein, dass jedes Jahr ein oder zwei Leute verschwinden und als Futter für die Blumen enden. Das furchterregendste Geschöpf in dieser schimmernden Wüste ist weder der schreckliche Sandwurm noch die tödliche Kobra, sondern vielmehr das, was wie eine Blume blüht. |