Vorlesungsnotizen von Professor Schmelzmond
Lektion 12: Aelon der Große.
Ich fahre an der Stelle fort, an der ich beim letzten Mal aufgehört habe. Der Name „Reinlicht-Hügel“ wurde erst nach Konstruktion des Reinlicht-Turms vergeben. Zuvor war die gesamte Gegend als Aelons Wald bekannt. Es ist ein alter Name, der heutzutage nahezu in Vergessenheit geraten ist.
In Aelons Wald soll es die schönste Landschaft von ganz Laslan gegeben haben, weshalb er auch als Schatz von Laslan bekannt war. Wie der Name besagt, steckte er voller geheimnisvoller, wunderschöner Vegetation und jene, die ihn nur ein einziges Mal erblickten, so sagt man, behielten ihn für den Rest ihres Lebens in Erinnerung.
Es heißt, dass der Mitran-Häuptling Aelon der Große den Menschen zu dieser Zeit freundlich gesinnt war.
„Er gewährte den Verzweifelten Schutz
und bot den Gequälten Weisheit.
Möge er in der innigen Umarmung des Waldes Ruhe finden.“
Diese Zeilen sind aus einem hingebungsvollen Gedicht über Aelon den Großen. Der Name des Autors ist uns unbekannt, aber er soll ein Zauberer aus der Lichtbringer-Gesellschaft gewesen sein.
Wie ihr alle sicher wisst, gab es vor ungefähr drei Jahrhunderten einen ideologischen Streit zwischen unserer Lichtbringer-Gesellschaft und dem Orden von Sylaveth. Der Orden von Sylaveth hatte Aelons Wald niedergebrannt und diese Gegend in Asche verwandelt. Mit Ausnahme von Aelon dem Großen wurde dieser wunderschöne Wald komplett ausgelöscht.
Die Zauberer, die den Reinlicht-Turm errichtet hatten, schrieben zu dieser Zeit – ich zitiere:
„Der Anblick ist unerträglich grausam. Die Kadaver wilder Bestien und Vögel verrotten und verfaulen überall. Der Übelkeit erregende Gestank ist so stark, dass man ihn auch noch mit verstopften Nasenlöchern riechen kann.“
„Ausgebrachte Samen gedeihen nicht und verpflanzte Bäume sterben beinahe sofort. Es ist ein Land der Toten, das das Leben abstößt.“
Der Reinlicht-Turm, wie er jetzt zu sehen ist, wurde genau aus diesem Grunde errichtet: um dieses tote Land zu revitalisieren. Die größten Zauberer unserer Zeit machten es sich zur Aufgabe, die Verseuchung zu läutern und ihre Forschungen fortzusetzen. Trotz dieser Bemühungen wuchs zweihundert Jahre lang nicht ein einziger Grashalm im Land der Toten. Das zeigt die Verantwortungslosigkeit und Brutalität der Methoden des Ordens von Sylaveth deutlicher als alles andere.
Die Zauberer der Lichtbringer-Gesellschaft blieben ihrer Berufung treu. Dank der Bemühungen unserer Vorgänger über drei Jahrhunderte hinweg erholt sich das Land Stück für Stück. Vor 20 Jahren geschah ein Wunder im Land der Toten: Die erste Blüte spross. Danach ist der Wald, den ihr alle sehen könnt, gewachsen.
Leider konnte Aelon der Große selbst nicht völlig geläutert werden. Man nimmt an, dass die Todesessenz, die das Land verwüstet hat, auch seinen Geist in Mitleidenschaft gezogen hat. Er entwickelte trotz der guten Absichten der Lichtbringer-Gesellschaft einen Hass auf die gesamte Menschheit. Tragischerweise kann Aelon der Große nicht länger als der Weise des Waldes bezeichnet werden, sondern er ist eher zu einem rachsüchtigen Monster verkommen.
Das Heiligtum von Aelon im Südosten des Reinlicht-Turms ist ein gefährlicher Ort und darf nicht von den Lehrlingen betreten werden. Das Land dort wurde durch den Einfluss von Aelon verheert, was selbst aus großer Entfernung leicht zu sehen ist. Dennoch verlieren Jahr für Jahr viele neugierige Lehrlinge und Abenteurer ihr Leben durch Aelon den Großen. Lasst mich die Gelegenheit ergreifen, euch noch einmal daran zu erinnern, dass ihr euch unter keinen Umständen dem Heiligtum von Aelon nähern solltet.
Mit dieser fröhlichen Anekdote beende ich die heutige Vorlesung. Lehrlinge, ich hoffe, ihr vertieft euch ins Studium der Magie. Bis zum nächsten Mal.