Tagebuch eines Zauberers

Jahr OO, Datum: XX
Ich beobachte zunehmend verdächtige Leute in der Nähe des Tempels. Sogar Joseph, der Mann, der den Tempel des Lichts mit Nahrung und Vorräten beliefert, schien besorgt darüber. (Gut möglich, dass er noch besorgter wäre, wenn wir – ich und die Sintflutbringerin – uns bereits im Tempel niedergelassen hätten ...
Wie auch immer, ich glaube, ich weiß, wer sie sind. Mein Vorgänger erzählte mir, es habe Angriffe auf den Tempel gegeben, um Quietis’ Herz zu erbeuten. Es müssen demnach die Schattenbeschwörer sein. Falls das noch einmal geschieht, muss ich vielleicht um Unterstützung durch die Gesellschaft bitten.

Jahr OO, Datum: XX
Ich und die Sintflutbringerin sind losgezogen, um sie auszukundschaften.

Das Gebiet war zu groß, als dass wir es zu zweit hätten abdecken können, also schlug die Sintflutbringerin vor, die magische Formel der aufgegebenen Kriegsgolems neu aufzusetzen und sie für diese Aufgabe einzusetzen.
Einige ihrer Ideen sind so kühn, dass ich sie mir in meinen wildesten Träumen nicht hätte ausdenken können, wenn sie nicht wäre. Jedenfalls war die Neufassung erfolgreich und wir haben zwanzig Golems wiederbelebt, um sie als Kundschafter zu entsenden. Wenn sich das als sicher erweist, können wir versuchen, mehr Golems wiederzubeleben.

Jahr OO, Datum: XX
Einige der zur Aufklärung entsandten Golems wurden zerstört. Es schien kein Monster gewesen zu sein und wir müssen uns vielleicht darauf vorbereiten, dass es die Schattenbeschwörer waren. Als ich der Sintflutbringerin mitteilte, dass wir vielleicht Verstärkung der Gesellschaft anfordern sollten, lehnte sie das ab. Sie wollte nicht um Hilfe bitten, solange wir noch nicht einmal wussten, wer unsere Gegner waren. Vielleicht hat sie recht. Vielleicht bin ich zu ängstlich. Ich habe noch nie einen Schattenbeschwörer getroffen. Ich bin froh, dass die Sintflutbringerin hier bei mir ist. Ich weiß, sie würde versuchen, mir zu helfen, wenn sie mich so sähe, statt mich auszulachen.

Jahr OO, Datum: XX
Die Kundschafter-Golems konnten eine Woche lang nichts aufspüren. Die Feinde sind vielleicht aus dem Gebiet geflohen, als sie mehr Golems sahen. Ich schlug vor, die Zahl der Golems auf hundert zu erhöhen und sie mit mehr Verteidigungsfertigkeiten auszustatten, und die Sintflutbringerin stimmte zu. Wir brauchen jedoch mehr Zeit, um die Zutaten für eine weitere Neuabfassung der magischen Formel vorzubereiten. Joseph kommt übermorgen, also versuche ich bis dahin einfach, ein paar Grundzutaten in der Gegend zusammenzukratzen.

Jahr OO, Datum: XX
Ich gab Joseph eine Liste mit den benötigten Zutaten. Er wirkte etwas entmutigt, als er die Liste sah, aber vielleicht bilde ich mir das nur ein. Er meinte, er bringt sie nächsten Monat mit, also erklärte ich ihm, dass ich ihm mehr zahle, wenn er es früher einrichten kann. Er entgegnete, dass einige der Zutaten erst einmal aufgetrieben werden müssen. Ich verstehe das. Klar kann ich leicht so etwas wie Spinnenbein-Pulver mörsern, aber ein fein gewobenes Hanfgewand ist etwas, auf das man warten muss.

Jahr OO, Datum: XX
Mir zittern die Hände, ich weiß nicht, ob ich dieses Tagebuch überhaupt verfassen kann. Das Schlimmste ist eingetreten. Sie müssen gedacht haben, dass unsere Wachsamkeit nachlässt. Dutzende Schattenbeschwörer griffen den Tempel an, und die Golems konnten ihnen nichts anhaben. Die Schattenbeschwörer nutzten unseren Magischen Teleportationskreis, um in den Tempel zu gelangen. Alle Zaubersprüche und Schutzkreise, die wir angebracht hatten, erwiesen sich als nutzlos. Ich dachte, wir würden sterben. Die Sintflutbringerin meinte, wir müssten das Herz verwenden.

Ich wollte sie ... aufhalten, aber bin mir unsicher, ob ich sie nicht eigentlich gewähren lassen wollte. Ich wollte nicht sterben, und das Herz hatte die Macht, es zu verhindern. Außerdem konnten wir es ihnen nicht überlassen. Ich hatte nur nicht den Mumm, das Herz ... zu verwenden. Ich konnte es nicht anrühren, weil ich fürchtete, die Macht würde mich verschlingen. Aber sie war anders.

Oh Götter, was hätte ich denn tun sollen?! Die Sintflutbringerin, das Herz in Händen, löschte die Schattenbeschwörer im Bruchteil eines Herzschlags aus. Aber ... damit nicht genug. Sie wurde zu etwas Unmenschlichem. Als ich in ihre Augen blickte, wusste ich, dass sie auch mich töten würde. Also rannte ich davon. O ihr Götter, warum schreibe ich das? Sie ist ein Monster geworden. Die Gesellschaft wollte Quietis’ Herz schützen, und nun haben wir eine Katastrophe.

Was mache ich nur? Sollte ich zurückgehen? Ja, das sollte ich wohl. Zurück zur Gesellschaft, ihnen von meiner Feigheit berichten und einen Weg suchen, die Sintflutbringerin wieder zum Menschen zu machen. Sie hat mir so oft geholfen. Nun ist es meine Pflicht, ihr zu helfen. Ich wünsche nur ... ich schaffe es.