Herrscher der Nistgründe (1)
Geschrieben von Flynn Lexton
Laslan war früher eine Gegend, in der Landwirtschaft betrieben wurde und die für ihren Überfluss bekannt war. Nach dem Angriff der Arkeum-Legion vor ein paar Jahren stellte es sich jedoch als Mammutaufgabe heraus, den alten Glanz wieder aufleben zu lassen, und in einigen Gebieten ist noch viel zu tun. Das ist traurig für all jene, die sich an die wunderschönen bernsteinfarbenen Wogen der Goldroggenfelder aus ihrer Jugendzeit erinnern können. Aber es gibt nur noch einen Ort, der trotz allem, was passiert ist, seine Schönheit bewahrt hat, und alle Einwohner von Laslan weigern sich, ihn zu betreten. Es sind die Nistgründe.
„Das ist wirklich ein Jammer. Deshalb haben wir uns etwas Neues einfallen lassen.“
So sprach ein charmanter, freundlicher junger Mann zu mir, als ich die Nistgründe vom Rande der Ruinen des Sternlicht-Observatoriums aus betrachtete.
Der Name des jungen Mannes war Barney Watson, der jüngste Sohn der Watson-Kaufleute. Sie reisten früher zwischen Laslan und Felswacht hin- und her und machten allerlei Geschäfte, außerdem nutzten sie den Umstand, dass die Einheimischen dieses Gebiet niemals betraten, zu ihrem Vorteil aus und errichteten ein Handelsmonopol in der Gegend.
„Nur wenige wissen, wie viel man mit den grünen Blumen und Samen aus der Gegend verdienen kann. Das einer der Gründe, warum unsere Handelsgruppe so konkurrenzfähig ist. Was denkst du?“
Ich lachte in mich hinein und sagte ihm, dass das wahrscheinlich nicht stimmt, aber dass er das in seinem jungen Alter wohl noch nicht versteht. Es gibt unzählige gruselige Geschichten über die Nistgründe in Laslan. Alle Einwohner erzählen Besuchern von diesen Geschichten, als ob sie Kinder warnen wollten. Je mehr Gerüchte man hört, desto unheimlicher kommen sie einem vor.
In all den Gerüchten geht es um eine bestimmte Vogelart, die über die Nistgründe herrscht.
Herrscher der Nistgründe (2)
Dieser Vogel ist so groß wie ein Pferd und kann daher unheimlich schnell rennen, aber nicht fliegen. Aus der Ferne gesehen scheint er mit seinen großen Augen und den flauschigen roten und gelben Federn ganz außergewöhnlich und wunderschön zu sein. Diese gefiederten Giganten dabei zu beobachten, wie sie inmitten eines Blumenmeeres durch die Nistgründe streifen, ist ein wahrhaft unvergesslicher Anblick.
Man darf jedoch nicht vergessen, dass diese Kreaturen die Bezeichnung „Terrorvogel“ aus gutem Grund tragen. Wie furchteinflößend sie wirklich sind? Ihren Spitznamen tragen sie mit gutem Grund. Es steckt mehr in ihnen als ihre unnachahmliche Schönheit. Was in aller Welt sind diese Vögel also?
Terrorvögel haben einen großen Schnabel, dessen Härte mit Metall vergleichbar ist. Er hat etwas von über einander geschichteten Schuppen und sie setzen ihn als Waffe ein. Sie können Ihre Feinde im Kampf zu Tode picken und außerdem können sie mit ihren massiven Körpern wie ein Pferd auf einen zurennen und einem einfach einen Kopfstoß verpassen. Alle Reisenden in Laslan haben vermutlich schon einmal Passagierkutschen gesehen, die restlos von Terrorvögeln zerstört wurden.
Wenn sie eine große Kutsche zerstören können, kann man sich sicher vorstellen, was sie mit einem Menschen anrichten. Wenn man von einem Terrorvogel umgerannt und von seinen Beinen zerquetscht wird, bricht einem jeder Knochen im Leib und man würde regelrecht darum betteln, von einem Wolf gefressen zu werden. Furchterregend, nicht wahr?
Herrscher der Nistgründe (3)
Aus diesem Grund werden die Nistgründe hauptsächlich von Terrorvögeln bewohnt. Lediglich den kleinen Maulwürfen, die Quillixe genannt werden, ist es gelungen, in friedlicher Koexistenz mit ihnen zu leben. Weil sie normalerweise unterirdisch leben, können sie das Zusammentreffen mit den Terrorvögeln vermeiden. Der Kot der Terrorvögel ist ein ausgezeichneter Dünger, was der Grund dafür ist, dass die Blumen und Pflanzen dieser Region selbst ohne menschliche Einmischung so üppig wachsen. Ich verstehe, wie die Familie Watson darauf kam, in dieser Region nach Waren zu suchen.
Es gibt auch noch andere Verrückte, die auf Dinge wie die Eier und das Fleisch der Terrorvögel aus sind. Ich glaube, nur Menschen würden für etwas derart Unwichtiges solche Risiken eingehen. Aber vielleicht ist es gerade dieser Mut, sich so einer gefährlichen Kreatur zu stellen, der Laslan zur letzten Bastion der Freiheit machen wird.
Ich fragte den jungen Mann, was man denn benötige, um Geschäfte in den Nistgründen zu tätigen. Er erzählte mir noch ein paar weitere Geschichten, aber die spare ich mir für ein anderes Mal auf.