ID: 1053544368
Memoiren eines Steuereintreibers
icon Kodex-Aufgabe
Type: Sammlung
Kategorie: Nahe Vienta

Memoiren eines Steuereintreibers 1

Alles, was ich im Folgenden beschreibe, geschah, während ich auf Burg Felswacht als Steuereintreiber arbeitete.

Ich wurde mit James nach Vienta geschickt, um eine Volkszählung durchzuführen, bevor die Steuer erhoben werden sollte. Heutzutage ist Vienta ein grünes Dorf voller Weinreben, doch damals waren die Felder kahl und leer, weil die Bauern lieber ihre eigene Ernte zerstörten, als sich durch Fernans extreme Steuern in die Armut treiben zu lassen. Wir sprachen zuerst mit den Dorfvorstehern und fuhren dann weiter zur Anlegestelle.

Einzig und allein die kleinen Fischerboote am Kai waren noch übrig, um die ganze Stadt mit Nahrung zu versorgen. Ich sah Fischer, die ihren Fang säuberten, und Kinder, die um den Pier herumliefen. Sie sahen recht zerlumpt aus, aber Kinder sind Kinder und sie hatten ihren Spaß. Da ergriff James meinen Arm und machte mich auf etwas aufmerksam.

Memoiren eines Steuereintreibers 2

Ein kleines Mädchen saß allein am Ende des Piers. Es döste vor sich hin und ich konnte aus der Entfernung erkennen, dass das Mädchen in keiner guten Verfassung war.

Als ich mich ihr näherte, öffnete sie die Augen und sah verängstigt aus. Aus der Nähe sah sie noch übler aus. Es schien, als sei sie lange Zeit von jemandem misshandelt worden. Ich fragte sie vorsichtig nach ihrem Namen, als ob mir nichts aufgefallen wäre, und sie antwortete: „Drei Sollants.“

Sie war im Dorf ausgesetzt worden, als sie ein Neugeborenes war, und niemand war bereit oder in der Lage, ein anderes Baby unter seinem Dach aufzunehmen. Letztlich beschloss ein Trinker aus dem Dorf, sie aufzunehmen, nachdem er gehört hatte, dass der Dorfvorsteher drei Sollants pro Tag für die Pflege des Babys zahlen würde.

Ich war schockiert, als ich diese traurige Geschichte hörte. Ich versuchte, mit ihrem Stiefvater zu sprechen, aber man erzählte mir, er sei ein Taugenichts, der nur selten nach Hause komme.

Memoiren eines Steuereintreibers 3

James und ich gaben uns große Mühe, ein Zuhause für das Mädchen zu finden, und glücklicherweise fand sich ein großzügiges Ehepaar auf Burg Felswacht. Man bat uns sogar, ihr einen neuen Namen zu geben, und ich schlug Violet vor, wobei ich an ihre schönen violetten Augen dachte. Dann kehrten wir mit der frohen Kunde ins Dorf zurück, um Violet zu holen und in ihr neues Zuhause zu bringen.

Doch als wir ankamen, war das Dorf voller Soldaten. Ich fragte, was vorgefallen sei, und der Dorfvorsteher meinte, dass der Vater des Mädchens über Nacht getötet worden und das Mädchen verschwunden sei. Ich konnte es einfach nicht glauben. Ich drängte darauf, einen Suchtrupp für das Kind zu organisieren, aber keiner hörte auf uns.

Wir fanden einen Handelsreisenden, der in der Mordnacht im Dorf war, und er erklärte uns, dass er in der Mordnacht gesehen hatte, wie ein Zauberer und ein Mädchen das Dorf verließen. Das Mädchen trug eine Laterne dabei und habe so ruhig gewirkt, dass der Händler sich nichts dabei gedacht habe.

Memoiren eines Steuereintreibers 4

Basierend auf dem, was wir vom Händler erfahren hatten, versuchten wir, magischen Spuren zu folgen, die vielleicht hinterlassen worden waren, doch die Zauberer von Burg Felswacht waren schlichtweg nicht daran interessiert. Als wir endlich jemanden fanden, der uns helfen konnte, war es zu spät. Sie war längst fort.

Ich denke noch immer mit schwerem Herzen daran zurück. Jeden Tag bete ich zu Einar, dass ihr ein glückliches Leben beschieden gewesen sein möge. Sie müsste inzwischen erwachsen sein. Wenn ich sie jemals wiedersehe, möchte ich ihr sagen, wie sehr wir uns um sie gesorgt haben. Dass sie einen schönen Namen hätte haben sollen – „Violet“ statt „Drei Sollant“.

exitlag


Logge dich ein um zu kommentieren
Hinzugefügt von Kiriak (10-10-2024)
Hinzugefügt von Kiriak (10-10-2024)
Hinzugefügt von Kiriak (10-10-2024)
Hinzugefügt von Kiriak (10-10-2024)